Mit dem Karneval ist es wie mit dem Fußball. Wer sich als Kind nicht dafür begeistert, ist seltsam, wer es als Erwachsener noch tut, hat keinen Verstand. Man schaue sich das Treiben doch nur einmal an: Seltsam Gekleidete benehmen sich befremdlich, hampeln herum und brüllen sinnloses Zeugs durch die Gegend. Und vom Karneval habe ich da noch gar nicht geredet.
Unsereins schüttelt da nur milde das weise Haupt und gönnt. Den Leuten ihr Feiern, selbst wenn es sich dabei um eine Art Zwangsjecke handelt. Sollen sie doch. Einundzwanzig war ein Jahr, in dem ich meine Ruhe hatte, jetzt wird halt wieder jefiert.
Am Aschermittwoch ist alles vorbei, denkt sich unsereins, und wäre mit der Einstellung besser mal daheimgeblieben, denn die málagueños feiern den carnaval bis einschließlich den Sonntag drauf. In der Altstadt steht an jeder zweiten Ecke eine Gruppe, die mehr oder weniger gekonnt Musik von sich gibt, und eine große Bühne steht bereit, wo dann irgendwelche Höppemützjer zu wummernden Technobeats tanzen. Glücklicherweise tun sie das erst zu einer Zeit, die der Spanier für Abend hält, ich aber für eine Zeit, um heim- und zu Bett zu gehen.
Ich drehe meine Runden, knietief in Konfetti watend, mit dem alle ständig um sich werfen, und als ich wieder an die große Bühne gelange, transvestiert da gerade jemand vor sich hin, ein Herr in Tütü springt mit einer Regenbogenfahne über die Bretter, und ich komme mir vor wie daheim beim CSD.
Vielleicht ist das ja das Geheimnis dieser Stadt: Sie ist eine Art Kleinköln an der Sonne. Ebenfalls ein etwas groß geratenes Kaff, nur am Meer statt am Fluss. Sogar eine unfertige Angeber-Kathedrale gibt es hier, an der man immerhin Jahrhunderte gebaut hat. Wie soll man sich als Kölner da nicht zuhause fühlen? Die unsrige wäre doch auch noch nicht fertig, wenn sich ihrer im 19. Jahrhundert nicht die Preußen angenommen hätten.
So betrachtet, hätte man eigentlich auch zuhause bleiben können.